Memorium Nürnberg

In zusammen Arbeit mit Johannes Kappler Architektur und Städtebau

MEMORIUM NÜRNBERG – Umgestaltung des Umfeldes am Memorium Nürnberger Prozesse und Neubau eines Besucher*innenzentrums

Ziel des Entwurfsvorschlags für die Umgestaltung des Umfelds am Memorium Nürnberger Prozesse ist es, einen Ort zu schaffen, der einen authentische Rahmen für die Erinnerung an ein weltkulturelles Erbe bietet, den funktionalen Anforderungen eines internationalen Besucherzentrums optimal entspricht und einen wichtigen Mehrwert für das städtebauliche Umfeld leistet.

Städtebauliche Setzung

Mit der Positionierung, Volumetrie und Gestaltung des Baukörpers gelingt es, dem neuen Besucherzentrum eine angemessene Präsenz im Stadtraum entlang der Fürther Straße zu verleihen, gleichzeitig aber einen respektvollen Dialog zwischen dem Neubau und dem Saal 600 im Ostflügel des Justizpalastes aufzubauen. Es entsteht ein Gebäudeensemble, in dem nicht nur die visuelle Integrität des Ostflügels durch freie Sichtbezüge von der Fürther Straße gewahrt bleibt. Vielmehr wird das überlieferte Bild des Ostflügels mit dem charakteristischen Mittelrisalit präzise in die Gesamtkomposition integriert.
Durch die skulpturale Form des Gebäudevolumens ergibt sich nach Süden ein großzügiger urbaner Raum mit einer hohen Aufenthaltsqualität,
der sich extrovertiert mit einer einladenden Geste zur Fürther Straße hin öffnet. Auf der Nordseite des Besucherzentrums entsteht zusätzlich ein öffentlicher Platz, der durch eine Baumreihe und Sitzgelegenheit direkt gegenüber dem Ostflügel einen von Einsicht und Lärm geschützten Ort zum Verweilen vor und nach dem Museumsrundgang bietet. Das verbindende Element zwischen beiden Plätzen ist die historische Mauer als Einfriedung des Justizpalastes. Sie wird als adäquater Rahmen für das geschichtsträchtige Umfeld in die Gesamtkomposition einbezogen. Zudem werden die Innen- und Außenräume in der Erdgeschosszone durch eine einheitliche Bodentextur barrierefrei und schwellenlos miteinander verbunden. Darüber hinaus entsteht durch die Reaktivierung und Neuinterpretation der historischen Freiraumstruktur um den Justizplast ein Hortus Conclusus, der die Kontemplation über den geschichtsträchtigen Ort fördert, einen geheimnisvollen Rückzugsraum bietet und eine wichtige stadtklimatische Wirkung entfaltet.

Gebäudetypologische Ordnung

Der Weg vom öffentlichen Raum von der Fürther Straße bis zum Saal 600 zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Abfolge von Raum- und Blickbeziehungen entlang von Wegen und Aufenthaltsbereichen zwischen Neu- und Altbau aus. Durch diese Abfolge entsteht ein emotionales Raumerlebnis in Ergänzung zur rational geprägten Wissensvermittlung in den Ausstellungsbereichen. Besucherinnen und Besucher nähern sich dem Gebäudekomplex über den großzügigen Foyerbereich mit einem ausreichenden Stauraum für die Garderobe. Er ist in direkter linearer Verlängerung mit dem Haupteingang des Ostflügels verbunden, sodass der Weg zum Altbau jederzeit klar ablesbar bleibt. Kasse, Shop und Gastronomie schließen direkt an den Empfangsbereich an. Sie werden durch programmierte Wände voneinander räumlich differenziert. An zentraler Stelle befindet sich der Erschließungsbereich, von dem aus die optimal zugeschnittenen Sonderausstellungsflächen und die natürlich belichtetet Seminarräume im Untergeschoss sowie die Bibliothek und die Büroräume in den Obergeschossen auf attraktive Weise erschlossen werden. Durch die zentrale und kompakte Bündelung von Haupt- und Nebenerschließung sowie Gebäudetechnik ergeben sich zahlreiche logistische und funktionale Vorteile.

Materielle Gestalt

Die architektonische Gestalt des Besucherzentrums ergibt sich aus dem Kontext des Gesamtensembles und dient der Schaffung einer passenden Raumatmosphäre für eine angemessene Erinnerungskultur. Das Gebäude besitzt eine Konstruktion aus rezyklierten Stahlbeton mit großzügigen Öffnungen in Form von Schaufenstern für Einblicke nach innen und außen. Hierdurch ergibt sich ein spannungsreiches Verhältnis zwischen Massivität und Filigranität, Licht und Schatten, Schwere und Leichtigkeit, Verborgenheit und Transparenz. Die geschlossen Fassadenbereiche im Obergeschoss sind mit einem System aus Lichtpunkten perforiert, sodass Informationen über das Memorium auf eine würdevolle Weise in den öffentlichen Raum als Kunst am Bau projiziert werden können.

Durch die Unterbringung der Sonderausstellungsflächen im Untergeschoss und die kompakte Form weist das Gebäude ein sehr nachhaltiges und wirtschaftliches Verhältnis von Hülle, Fassadenfläche und Grundfläche auf. Durch die Möglichkeit der Nutzung aktiver und passiver Sonnenenergie wird es zum Plusenergiehaus.
Mittels einer üppigen und großflächigen intensiven Dachbegrünung (Sedum, Stauden, Gräser) passt das Besucherzentrum sich in der Umgebung zeitgemäß ein. Nicht nur ist der Blick vom Saal 600 auf das Gründach attraktiv, auch wird das anfallende Regenwasser zurückgehalten, Hitzeinseln werden entgegen gewirkt und das Stadtklima wird wesentlich verbessert.

Memoriumsplatz

Der Vorplatz zum Besucherzentrum wird zum Memoriumsplatz: Aufenthalts- und Begegnungsraum, ein Ort zum Sammeln und Innehalten. Von der langen Bank unter Bäumen öffnet sich der Blick auf das Besucherzentrum und den Saal 600. Es wird bewusst auf spielerische Ein- und Aufbauten verzichtet, um dem historischen Kontext des Raums Vorrang zu geben. Die Atmosphäre des Memoriumsplatzes wird außerdem durch den unmittel- bar angrenzende Memoriumsgarten gebildet. Große Baumgruppen verstärken die Raumwirkung der historischen Mauer, bieten Schatten und ein angenehmes Raumklima.

Memoriumshof

Zwischen Besucherzentrum und Saal 6000 öffnet sich ein Hof, der ein introvertiertes, kleinräumiges Pendant zum mehr urbanen Memoriumsplatz bildet. Von der langen Bank blickt man direkt auf den Saal 600. Der Hof ist mit Bäumen überstellt, die in ihrer Proportion und mit einem charakte- ristischen Habitus eine besondere und transparente Atmosphäre hervorrufen, als Kontrast zu den umgebenden stattlichen Bäumen des Memoriumsgartens. Das Blätterdach im Memoriumshof lässt ein Licht- und Schattenspiel auf dem Platzbelag fallen und bewirkt eine kontemplative Atmosphäre. Die Bäume verbessern das Raumklima, die Wasserbilanz und tragen zur grünen Stadt Nürnberg bei. Vorgeschlagen wird ein lockerer Hain aus Gleditsia triacanthos mit einem breiten, gefiederten, leichten Blattwerk.

Memoriumsgarten (Ideenteil Justizzentrum)

Der momentane Stellplatzraum am Justizzentrum wird im Laufe der Jahre zu einem „Hortus Conclusus“, ein dicht begrünter, verwunschener Garten. Der Hortus bildet damit einen Kontrastraum, einen Rückzugsraum. Hier werden groß- und mittelkronige Bäume gepflanzt, die weit über den Garten ihre Wirkung entfalten. Die Bäume werden gezielt in lockere Baumgruppen gestellt und öffnen vom Memoriumsplatz und vom Saal 600 diverse Blickbeziehungen auf das Justizzentrum. Es entwickelt sich eine abwechslungsreiche, grüne Silhouette, als lebendiger Kontrast zur monotonen historischen Fassade des Bestands. Vorgeschlagen wird eine Gruppenstellung aus robusten, stadtklimaresistenten mittelgroßen und divers blühenden Bäumen: Magnolia, Parrotia persica, Koelreuteria, Amelanchier. Als Akzente sind große, klimaresistente Solitäre geplant: Paulownia tomentosa, Acer, Sophora. Inselbeete bilden im „Hortus Conclusus“ eine Durchwegung und zugleich Aufenthaltsraum für Pause oder Rückzug. Die Insel werden mit üppige robusten Stauden und Gräsern bepflanzt. Der Hortus kann bereichs- und schrittweise wachsen: Es werden im Übergangszeitraum noch Stellplätze (unter Bäumen) erhalten und irgendwann werden auch diese ersetzt durch weitere Inseln und Baumgruppen.

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