Evangelischer Campus Nürnberg

In Arbeitsgemeinschaft mit:

Prof. Johannes Kappler, Architektur und Städtebau GmbH

Landschaftsarchitekt Prof. Gerd Aufmkolk

Offenes Haus als Teil der Stadt

Das Leitbild des Entwurfsvorschlag sieht die Schaffung eines einladenden Campus vor, der unter Beachtung der Sicherheitsanforderungen optimal in den städtischen Kontext integriert ist und gleichzeitig als prägnantes, eigenständiges Ensemble die Nordseite des Rathenauplatzes definiert. Der Gebäudekomplex wird ein kleiner Stadtteil für sich, der sich zu allen Himmelsrichtungen mit einer Vorderseite offen zu seiner Nachbarschaft zeigt. Dieses Ziel wird insbesondere durch die transparente Gestaltung der Erdgeschosszone im Innen- und Außenbereich als Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Stadtraum und den individuellen Nutzungen des Evangelischen Campus Nürnberg erreicht.

Die Adressbildung erfolgt über die beiden Innenhöfe, die vom Rathenauplatz und der Bayreuther Straße über großzügige Öffnungen im Gebäudevolumen erreicht werden und jeweils die beiden dazwischenliegenden Foyers als zentrale Verteiler erschließen. Von diesen urbanen Foyers gelangt man auf direktem Weg zu allen Einzelnutzungen. Diese Form der Wegeführung als Passage bietet sowohl eine szenografische Qualität als auch eine klare Orientierung. Sie unterstützt die übergeordnete Zielsetzung hinsichtlich des gewünschten Ausdrucks des Gemeinsamen für die Stadtgestalt bei gleichzeitiger individueller Ausdrucksmöglichkeit der Einzelnutzungen im Inneren.

Grünes Passepartout als programmierte Membran zwischen Stadt und Haus

Mit der Umgestaltung des Hauses und seiner Neuorganisation werden auch die Freiräume in unterschiedlicher Weise aufgewertet und nutzbar gemacht. Die grundsätzliche Entscheidung der Ausrichtung der Haupteingänge zur Bayreuther Straße und zum Rathenauplatz bedeutet eine Orientierung zur Stadt und zu deren öffentlichen Räumen. Um den Bereich Laufer Tor anzubinden wird zum neuen Eingang aus südlicher Richtung eine großzügige, sanft ausgeformte Treppenanlage ausformuliert, die eine klare Führung signalisiert und eine öffentliche Aufenthaltslandschaft entstehen lässt. Auch der Zugang an der Bayreuther Straße erhält durch eine neue Treppenanlage ein stärkere Adressbildung. Damit entstehen klar definierte, sichtbare und auffindbare Zugänge. Das Haus wird Teil der Stadt und des öffentlichen Lebens. Auch von Norden wird ein öffentlicher Zugang aus dem dichtbebauten Wohnquartier Maxfeld über einen neuen öffentlichen Weg ermöglicht. Von der Veillodterstraße ist der Rathenauplatz über einen kleinen Pfad ohne Umwege besser zu erreichen.

Kinderkrippe und Kinderhaus bekommen einen abgeschirmten, nicht öffentlich zugänglichen Bereich auf der Westseite des Gebäudes in Form eines in den Hang gefügten Spielwaldes. Zudem erhalten die Innenhöfe gemäß ihren angrenzenden Nutzungen unterschiedliche Ausformungen und Charaktere. Der südliche Hof ist dem Ankommen gewidmet, verteilt die Besucher, lädt zum Aufenthalt ein und bildet mit Pflanzelementen einen Vorbereich zum Kindergarten. Mit seinen Gemeinschaftseinrichtungen dient der mittlere Hof der Kommunikation, während der nördliche Hof nahezu unverändert bleibt, frei möblierbar ist und überwiegend als Außenraum für die Werkstätten dient. Auch die Dachflächen werden als Gärten aktiviert. Von hier aus ist ein grandioses Erlebnis von Stadt und umgebender Landschaft möglich.

Selbstähnlichkeit von Stadt und Haus

Im Evangelischen Campus Nürnberg befinden sich alle Einrichtungen unter einem Dach. Sie sind in klar ablesbaren Gebäudevolumen und Geschossebenen im Gesamtkomplex an den Stellen angeordnet, die ihrem individuellen Anforderungsprofil am besten entsprechen. Im südlichen Teil der Erdgeschosszone ist neben den zentralen Foyers das öffentlichkeitswirksame Raumprogramm verortet, das externen Gästen sowie allen Nutzerinnen und Nutzern des Evangelischen Campus Nürnberg zur Verfügung steht. Im nördlichen Teil schließen die Räumlichkeiten des Christlichen Jugenddorfs an, da hier den Bedürfnissen sowohl nach Eigenständigkeit und Rückzugsmöglichkeiten als auch nach Kooperation und Interaktion am besten Rechnung getragen werden kann. In vertikaler Richtung folgen im 1. Obergeschoss die Rummelsberger Fachschulen, die im Wesentlichen die gesamte Geschossebene einnehmen. Im 2. Und 3. Obergeschoss sind in ähnlicher Weise die Räume der Evangelischen Hochschule vorgesehen, die mit ihrem großen Seminarraum zum Rathenauplatz einen repräsentativen Abschluss finden. Über die Innenhöfe und Foyers ergeben sich zahlreiche Sichtbezüge und Kommunikationsmöglichkeiten zwischen beiden Hochschuleinrichtungen. Auf der Dachebene des Sockelgebäudes befinden sich an zentraler Stelle im Gebäudekomplex die sogenannten Gemeinsamen Nutzungen. Sie können von dort die Dachflächen als Aufenthaltsräume im Freien nutzen. In vertikaler Richtung folgen die Büroräume und Hostelzimmer in der Hochhausscheibe. Sie profitieren maximal von der attraktiven Aussicht auf das Stadtgebiet von Nürnberg.

Bei aller Neutralität und Flexibilität entstehen in Verbindung mit dem Außenraum lagebezogen sehr spezifische Räume, mit denen sich die Nutzerinnen und Nutzer identifizieren können. Die jeweiligen Einheiten werden dabei durch ein Erschließungssystem vernetzt, das in seiner Inszenierung der Raumfolge aus Wegen und Plätzen im urbanen Kontext eines Stadtquartiers gleicht. Die Verbindungen zwischen den Nutzern über Hallen, Treppen und Flure sind nicht alleine als Verkehrsflächen, sondern auch als Orte der Begegnung und Kommunikation ausgebildet. Insbesondere die großzügigen vertikalen Foyers in den beiden Querriegeln erfüllen die Funktion als zentrale Marktplätze.

Evangelischer Campus als Neuinterpretation der ,Nürnberger Moderne‘

Die Anmutung des Gebäudes im öffentlichen Raum wird maßgeblich durch den Maßstab des Gebäudeensembles und die Artikulation der Fassade bestimmt. Die gewählte Architektursprache für den Evangelischen Campus greift Elemente der ortstypischen ,Nürnberger Moderne‘ auf, die in repräsentativen öffentlichen Gebäuden aus der optimistischen Epoche des Wiederaufbaus wie dem Neuen Rathaus oder der Staatsbank zu finden sind. Der Gesamtkomplex wird als solitärer Sonderbaustein artikuliert. Die Massivität des Baukörpers erhält aber durch die filigrane Struktur des Fassadenbildes, die subtile Abzeichnung der Raumzuordnungen und die Ausbildung der Relieftiefe eine feine, innere Gliederung. Die Fassade erhält einen rötlichen Farbton durch die Verwendung eines mineralischen Kunststeins. Damit setzt sie sich von den angrenzenden Nachbargebäuden ab, baut aber einen Bezug zum regionaltypischen Sandstein der Nürnberger Altstadt auf. Die rationale Struktur bildet einen ruhigen, flexiblen Hintergrund, während die hölzerne Rahmung der Fensterelemente zur Vermittlung zwischen dem innenräumlichen und städtischen Maßstab dient.

www.johanneskappler.de

www.wgf-nuernberg.de

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